Unermüdlich aktiv für Langzeitarbeitslose

Dank ehrenamtlichen Einsatzes gehen kirchliche Projekte weiter

Karin Linzenich
Karin Linzenich
Datum:
Sa. 15. Juni 2013
Von:
Monika Herkens
Rund 50 Projekte und Initiativen engagieren sich im Bistum Aachen in der Arbeitslosenarbeit, bieten Beratung, Qualifikation, Arbeitsplätze oder einfach nur eine Möglichkeit zum Reden. Nicht selten werden diese Projekte von Ehrenamtlichen geleitet, die mit viel Herzblut und Verantwortung arbeiten.
Karin Linzenich
Karin Linzenich

Von Kathrin Albrecht.

Die KirchenZeitung stellt drei von ihnen vor.

Elfie Brockhoven war lange Jahre Pfarrsekretärin in der Gemeinde St. Aloysius in Heinsberg-Oberbruch. Es trat immer deutlicher zutage, dass in dem Viertel Menschen lebten, die Hilfe benötigten. 2006 wurde der Verein Amos auf Initiative des Pfarrgemeinderates gegründet. Elfie Brockhoven war von Anfang an als  Geschäftsführerin dabei. „Wir fingen in einem kleinen Raum mit einer Lebensmittelausgabe an bedürftige Menschen an,“ erinnert sie sich. Inzwischen sind zahlreiche Weiterbildungsangebote, ein Arbeitslosenzentrum
und zwei Sozialkaufhäuser dazugekommen. Die Shops in Oberbruch und Hückelhoven-Hilfarth bieten erwerbslosen Menschen die Möglichkeit zur qualifizierten Beschäftigung, um den Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Elfie Brockhoven koordiniert die einzelnen Sparten, hält die Fäden zusammen und versucht, „überall und nirgends“ zu sein. „Ich lebe Amos“, fasst sie ihr Aufgabenfeld zusammen.

Thomas Kreßner, evangelischer Pfarrer im Ruhestand, gründete vor 22 Jahren mit katholischen Freunden das Christliche Sozialwerk Jülich. Er kennt in dem ökumenischen Verein sowohl die hauptamtliche als auch die ehrenamtliche Tätigkeit. Seit seiner Pensionierung vor drei Jahren ist er ehrenamtlicher Vorsitzender des Werkes. Ein Zweckbetrieb, in dem Gebrauchtmöbel aufbereitet und an Bedürftige verkauft werden, sowie qualifizierte Beschäftigungsangebote im Garten- und Landschaftsbau und Alten- und Familienhilfe bilden den Kern des Sozialwerkes. Ähnlich wie Amos in Heinsberg entstand auch das Projekt AHA 100 im Aachener Nordwesten aus der Pfarrgemeindearbeit heraus. Karin Linzenich übernahm die Geschäfte 2008. Ihr Mann,
der ein Beschäftigungsprojekt geleitet hatte, war verstorben, die Zukunft des Projektes stand auf der Kippe. Karin Linzenich hängte sich rein, verhinderte die Schließung. Möbellager und Sozialkaufhaus,
ein Kleiderstübchen sowie ein Arbeitslosenzentrum betreut das Projekt.

Es sind anspruchsvolle Positionen, die die drei bekleiden, denn auch in finanziellen Fragen stehen alle in der Verantwortung. Einwerben und Beantragen von Fördermitteln gehört dazu, Buchführung und Rechenschaft gegenüber öffentlichen und privaten Geldgebern ebenso. Eine Aufgabe, die auch mit einem Risiko verbunden ist, denn auch ehrenamtliche Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende können haftbar gemacht werden,
wenn die Projekte rote Zahlen schreiben.

Abgeschreckt hat das Risiko keinen. „Ich habe früher zu meinem Mann gesagt: ,Denk dran, das Haus will ich behalten‘,“ lacht Karin Linzenich. „Ich gehe mit Geld vorsichtig um.“

Elfie Brockhoven wuchs praktisch an ihren Aufgaben. Bei Amos arbeitet sie eng mit dem Vorstandsvorsitzenden Johannes Eschweiler zusammen. „Man wird durch solche Tätigkeiten nicht dümmer.“ Auch die Bereitschaft, Neues zu wagen, ist davon nicht beeinträchigt. „Viele Projekte sind dadurch entstanden, dass wir zusammen ,gesponnen‘ haben“, sagt Elfie Brockhoven. „Hätten wir das nicht getan, würde es Amos nicht geben.“

Zitiert: Es ist wichtig, dass Menschen Arbeit und einen geregelten Tagesablauf haben. Karin Linzenich

Auch wenn die Projekte wie im Fall von Amos und AHA 100 weiter wachsen, der Bedarf größer wird, stehen der Arbeit oft Hindernisse im Weg. Öffentliche Fördermittel, die gekürzt werden, Änderungen in der Arbeitsmarktgesetzgebung. Besonders hart bekommt dies zurzeit das Christliche Sozialwerk mit seinem Projekt Garten- und Landschaftsbau zu spüren. Seit einer der Hauptkunden, der Landschaftsverband
Rheinland, seine Aufträge europaweit ausschreibt, wächst der Druck gegenüber der günstigeren Konkurrenz. „Wir bezahlen unsere Arbeitskräfte nach Tarif“, erklärt Kreßner. Über Nacht habe das Werk 60 Prozent seines Auftragsvolumens mit der Änderung dieses Verfahrens verloren, musste die Beschäftigten auf Kurzarbeit
umstellen. Das mutet umso bitterer an, als dass die kirchlichen Arbeitslosenprojekte oft die einzigen sind, die sich auch und besonders für die Menschen einsetzen, die bereits seit langer Zeit ohne Arbeit sind.

Zitiert: Wir engagieren uns für Menschen, die niemanden interessieren. Ich mache das so lange, wie ich
laufen kann. Thomas Kreßner

Auch wenn ihn die Situation derzeit belastet, hält Kreßner an seiner Arbeit fest. „Mit Millionen von arbeitslosen Menschen kann ich mich nicht abfinden.“ Eine Einstellung, die Elfie Brockhoven und Karin Linzenich teilen. „Es wichtig, dass Menschen Arbeit und einen geregelten Tagesablauf haben“, sagt Karin Linzenich und beobachtet, dass zunehmend auch jüngere Menschen langfristig ohne Perspektive auf feste Arbeit bleiben. „Wie sollen sie sich ein Leben aufbauen, wenn die Grundlage fehlt?“ Alle drei bestätigen, dass ihre Arbeit fordernd, auch oft zeitraubend, aber persönlich bereichernd ist. „Wir engagieren uns für Menschen, die sonst niemanden interessieren“, sagt Thomas Kreßner und fügt hinzu: „Ich mache so lange weiter, wie ich laufen kann.“

Zur Sache:

In den 50 Projekten und Initiativen für Menschen ohne Arbeit, die das Bistum Aachen unterstützt, finden
jährlich etwa 2 500 Menschen Beschäftigung, Beratung und Qualifikation. Die kirchliche Arbeitslosenarbeit
ist dabei auf die praktische und finanzielle Unterstützung der Menschen in den Gemeinden angewiesen. Aus diesem Grund findet einmal im Jahr eine Solidaritätskollekte in den Gottesdiensten statt. Im vergangenen
Jahr kamen auf diese Weise 44 594,75 Euro in den Arbeitslosenfonds, aus dem das Bistum 40 Projekte
fördern konnte. „Die Solikollekte ist der gemeinsame Versuch, miteinander den Dampfer Bistum Aachen
auf Kurs zu halten und Menschen bewusst zu machen, wie wichtig das Engagement in der Arbeitslosenarbeit
ist“, so Wolfgang Cohnen vom Koordinationskreis kirchlicher Arbeitsloseninitiativen im Bistum Aachen. Die Solidaritätskollekte steht in diesem Jahr unter dem Motto „Weil Arbeit nicht vom Himmel fällt“ und findet
am 11. und am 12. Mai statt.